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Antanas Škėma

„Ein Litauer in New York“, könnte man auch titeln, denn das geräuschvolle New York von John Dos Passos und Upton Sinclair, George Gershwin und Fred Astaire vermischt sich mit dem Lärmen der Märkte in Kaunas und Wilna. Die hart hämmmernde Musik Amerikas und die weich romantischen Melodien seiner litauischen Heimat erfüllen Herz und Ohren. Škėma verwandelt das Exilleben in hinreißende Literatur. Einem jüngeren Bruder des Ulysses von James Joyce gleich, bewegt er sich durch die Metropole Amerikas, setzt einen atemlos modernen Roman aus sich heraus, ironisch, musikalisch, schnell, verblüffend unsentimental, ernst. Der nach verschlungenen Fluchten aus Litauen in deutschen Camps für Displaced Persons lebte, von dort 1949 den Weg ins New Yorker Exil fand, nimmt den Charakter einer Displaced Person an:
Er arbeitet als Liftboy in einem großen Hotel, erneut jüngerer Bruder geworden, diesmal des Sisyphos mit seinem up and down, up and down, unablässig, Tür auf, Tür zu, steigt ein, steigt aus... Ein vierzigjähriger Liftboy, steigend, fallend, mit einer großen Liebe für Albert Camus, den Sisyphoskenner... Beide sterben bei Autounfällen, Displaced Persons auch im Tode.
Und immer wieder litauische Volkslieder, Kindheitsbilder. Was bewahrt ihn vor dem Absturz ins Bodenlose? Ein „weißes Leintuch“. Während der sowjetischen Besatzung wurde er nicht gedruckt, seine Literatur galt als „reaktionär und formalistisch“. Die letzte Seite des Buches „Das weiße Leintuch“ ist ein Porträtbild, wie Jonas Mekas ihn sah: Eleganter Landstreicher im weiten Mantel mit weiten Hosen, schon New York, noch Wilna; Spieler, Sänger, Schreiber, stilbewusst, frei und nachdenklich.
Dank dem Guggolz Verlag und seinem Gespür für verloren gegangene Literatur, Dank an Claudia Sinnig für die Übersetzung und die liebevolle Textannäherung! Helmut Ruppel
 
 
Antanas Škėma, Das weiße Leintuch
Aus dem Litauischen von Claudia Sinnig
Mit einem Nachwort von Jonas Mekas
Guggolz Verlag, 265 Seiten, 21 Euro
 
 
Antanas Škėma, Apokalyptische Variationen
Prosastücke, aus dem Litauischen von Claudia Sinnig
Anmerkungen, Biographie und ein Essay zum Autor von Claudia Sinnig
Guggolz Verlag, 425 Seiten, 25 Euro