Zum Hauptinhalt springen
Telefon 030-841 902-0  |  Montag bis Freitag: 10.00 - 18.30 Uhr | Samstag: 10.00 - 16 Uhr

Ljudmila Ulitzkaja. Alissa kauft ihren Tod. Erzählungen

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt
Hanser Verlag München

Ob ihr Band „Eine Seuche in der Stadt“ (2021) sie angeregt hat, diese Erzählungen zu sammeln? Im dritten Teil des Bandes stellt sie reichlich sarkastische Miniaturen zusammen, „Sechs mal sieben Miniaturen“, darunter „Sieben Tode“, „Sieben Geburten“, „Sieben Krankheiten“, aber auch „Sieben Ehepaare“. Und auch sonst spielen die Zeit und der Tod wie bei Claudio Magris – trotz mannigfacher Unterschiede – eine große Rolle, hinzu kommt, dass beide seit geraumer Zeit „Geheimfavoriten“ für den Nobelpreis sind, aus gewichtigen Gründen!
Die Alissa der Titelerzählung möchte zum Sterben hin kein Pflegefall werden, sie sucht ein Mittel zum sanften Suizid. Da bekommt ihre Schwiegertochter ein Kind – sie wird eine glückliche Großmutter! Seit Anfang März lebt Ulitzkaja in Berlin. Sie ist nicht geflohen, aber eins gilt: Putins Russland ist nicht ihr Russland. Und sie ist der festen Gewissheit: „Wenn der Krieg gestoppt wird, dann nur von Frauen!“. Und sie werden porträtiert in den Erzählungen. „Ich liebe diese leichtsinnigen, weisen, schamlosen, bezaubernden, verlogenen, wunderbaren, abergläubischen und treuen, diese überaus klugen und unfassbar dummen Frauen, von denen die Engel im Himmel noch lernen könnten … ich brauche euch, wie ihr seid ...denn ich bin wie ihr und passe zu euch.“ Es gibt Schnapsgelage unter Freundinnen, vorsichtige herzbewegende Liebe, erotische Kosenamen, ironische Nasenstüber und den fortlebenden homo sovieticus. Man muss oft tief durchatmen, das Buch beiseite legen, sich umschauen nach der Welt, in der man lebt - und dann sofort weiter lesen! Immer geht es um Freundschaft, widerständige Klugheit und Lebenszuversicht in Fülle und Vielfalt. Nicht im Großraumwagen zu lesen, Abteil wäre eine gute Wahl …
Helmut Ruppel

304 Seiten
25 Euro